Die bestehende Geschäftsstelle im denkmalgeschützten Claridenhof, gestaltet in den 1990er Jahren mit vorwiegend kleinräumigen Büros, sollte zu einer zeitgemässen Arbeitsumgebung mit flexiblen Arbeitsplätzen umgebaut werden - nicht nur aus ästhetischen Gründen, sondern um der Realität einer neuen Arbeitswelt mit Homeoffice, projektübergreifender Teamarbeit und neuen Methoden der Kollaboration Rechnung zu tragen. Nun werden die nötigen Arbeitsplätze auf rund der Hälfte der Fläche bereitgestellt - flexible Arbeitsplätze mit mobilen, persönlichen Behältnissen macht dies möglich. Die frei gewordenen Flächen dienen als Workshopbereich sowie als Sozial- und Begegnungsräume.
Material wollten wir möglichst sparsam einsetzen. Die architektonische Grundlage entstand durch "wegnehmen": Abgehängte Decken, Wände, Verkleidungen, Hohlböden, Kabelkanäle. Lediglich in der Korridorzone wurde die bestehende, abgehängte Decke mit den eingebauten Leuchten belassen und in die neue Gestaltung integriert - sie stellt die Grundbeleuchtung sicher. Der auf seinen Kern zurückgeführte Raum mit der dem Rohbau eigenen Ästhetik wird zur Bühne für eine Raumausstattung aus Textilien.
Die neue Raumgestalt wird lediglich durch Textilien (und einen grossen Spiegel) gebildet - und beweist aufs Neue die Leistungsfähigkeit von Textilien am Bau. Mit äusserst wenig Material und einfachsten Lösungen wird Gestaltung, Funktion und Bauphysik gelöst. Der Teppichboden absorbiert nicht nur Schall, sondern macht auch eine Trittschalldämmung unnötig - entsteht doch kaum Trittschall. Die verwendeten Vorhänge sind nicht nur Raumteiler und Stimmungsgeneratoren, sondern auch schallabsorbierend und teilweise akustisch trennend. Vorhänge mit Kautschuk-Zwischenlage erreichen ein Schalldämmmass, das digitale Meetings und Telefonate ermöglichen, ohne das Grossraumbüro zu beeinträchtigen. Zu diesem Zweck können kleine Kabinen im Bereich der Fenster geschaffen werden. Die restlichen Vorhänge mit unterschiedlichem Transparenz- und Absorbtionsgrad ermöglichen eine flexible und für unterschiedliche Arbeitssituationen anpassbare Zonierung. (Hier ein kurzer Imagefilm zur Geschäftsstelle im Gebrauch mit Vorher-Nachherbilder.)
Es entsteht ein äusserst flexibles, räumliches System, das täglich angepasst und bei Bedarf mit einfachsten Massnahmen baulich verändert werden kann. Von konzentrierter Einzelarbeit, längeren Gesprächen am Telefon oder in Online-Meetings bis hin zu kreativen Team-Meetings ist nun vieles auf wenig Fläche möglich. Strom- und Medienleitungen werden sichtbar über die Decke geführt. Mit einfachen "Kabelspinnen" werden gewisse Bereiche ausgeleuchtet, während die Arbeitsplätze mit Steh- und Tischleuchten flexibel beleuchtet werden können. Die Erschliessung der Arbeitsplätze mit Strom und Medien erfolgt dabei von oben, sodass ein aufwändiger Bodenaufbau unnötig wurde.
Das Textildesign von Lela Scherrer mit seinen Verläufen, Farben, Mustern und Transparenzen führt dabei zu einer sich stetig wandelnden Komposition im Raum.
Einfachheit und sparsamer Umgang mit Material sowie Flexibilität und Adaptierbarkeit stellen also keinen Widerspruch zu einer hochspezifischen und funktionalen Gestaltung dar - ein Showpiece der Kompetenzen der Schweizerischen Textilindustrie.